Dekorative Triathlon-Icons für die Disziplinen Schwimmen, Radfahren und Laufen

Udo van Stevendaal

Triathlet

Ein Icon für eine Medaille

10-facher Weltmeister und mehrfacher Deutscher- und Europameister

Vielen Dank für dieses geile Rennen! – Sprint DM in Bremen, 11. August 2019

Was würde ich nach überstandener Erkältung zu leisten im Stande sein? Mal wieder hatte mich vor zwei Wochen unmittelbar vor einem Ligawettkampf ein Infekt außer Gefecht gesetzt. In der Folge konnte ich 12 Tage nicht trainieren. Jeder Triathlet fühlt sich zwar sowieso stets „untertrainiert“. Aber in diesem Falle traf es, zumindest fast die Schnelligkeit anbelangt, wirklich zu – ehrlich! However, mein Credo – oder zumindest eines davon – lautet: Am Start gibt es keine Ausreden! Ich hatte mir vorgenommen, wenigstens ein würdiger Gegner zu sein.

Im Rahmen einer Fahrgemeinschaft mit Bettina, Elke und Matthias reisen wir früh morgens an. Das Wetter ist absolut Triathlon-tauglich, auch wenn der böige Wind beim Radfahren für Spannung sorgen würde. Da wir früh genug vor Ort sind, können wir uns noch in Ruhe den Wechselzonenbereich anschauen. Welche Wechselzone? Die bauen erst jetzt gerade, etwas mehr als zwei Stunden vor dem Wettkampf, die Radständer auf! Immerhin ist zu erahnen, wie die Laufwege sind. Schauen wir als dem Offiziellen bei der Vermessung der Wassertemperatur zu. Das Thermometer schwankt zwischen 21,7 und 22,1 °C. Ab 22,0 °C ist Neoverbot. Er meint, er würde den Mittelwert nehmen, ergo Neoverbot. „Hä? Da habe ich in der Schule wohl nicht aufgepasst!“ Aber man diskutiert besser nicht mit Kampfrichtern vor dem Rennen. Ist nicht sehr clever. 😉

Das Feld ist in drei Startgruppen aufgeteilt. Zum ersten Mal profitiere ich von meinem Alter, da alle Männer ab AK 50 aufwärts in der zweiten Startgruppe fünf Minuten nach den schnellen Männern starten. Fünf Minuten nach uns sind die Frauen dran. Noch ein paar Vorbereitungen wie Einrichten des sehr engen Wechselplatzes, Einlaufen und Einprägen der Abläufe und dann geht es auch schon zum Ponton des Yachthafens im Seitenarm der Weser. Ponton? Ja, richtig! Das bedeutet auch, dass man das Wasser nur wieder über Leitern verlassen kann. Na das kann am Ende der Schwimmstrecke ja heiter werden!

Wie zu erwarten war, wurde Neoverbot ausgerufen. Aber das Wasser fühlt sich trotzdem ganz gut an. Die schnellen Jungspunde sind schon weg, während wir auf unseren Startschuss warten. Ein zaghafter Pfiff anstelle eines Schusses sorgt kurzzeitig für Verwirrung. Aber irgendwie schwimmen doch alle los. Also ich auch. Ich komme sehr gut in den Flow, kann unbeschwert und kraftvoll schwimmen und erwische nach 200 m einen idealen Vordermann. „Auf geht’s“. Dadurch, dass ich in diesem Seniorenfeld im vorderen Drittel schwimme, ist es an den Wendebojen auch nicht so eng. Es läuft. Nach ca. 500 m navigiert mich mein Vordermann durch die Nachhut der vor uns Gestarteten. „Das ist ja unglaublich! Bei einer DM schwimme ich nach 500 m in das 5 min vor uns gestartete Feld?!“ Ich habe zwar ein bisschen Mühe, über die Leiter aus dem Wasser zu klettern, aber immerhin ist es nicht voll. Ab zum Rad und los. Der lange Laufweg von ca. 500 m bis zum Radaufstieg kommt mir entgegen. Ich kann ein paar Plätze gut machen, habe aber keine Ahnung wo ich liege, da sich unser Feld bereits mit dem vorigen vermischt hat.

Nach ca. 3 km fahre ich an meinem Freund und Mitstreiter in meiner Altersklasse, Klaus, vorbei. Spätestens jetzt erhalte ich die Bestätigung, dass mein Schwimmen nicht so schlecht war, da Klaus ein sehr guter Schwimmer ist. Ich mache weiter Druck und Platz um Platz gut. Zwei Runden á 10 km sind zu fahren, einige 90 Grad- und eine 180-Grad Kurve zu bewältigen und zahlreiche Bahnschienen zu überqueren. Kurz vor dem Wendepunkt kommt eine Windböe und hebelt mich fast aus. Mit einem Schlenker von 2 m zur Seite kann ich mich gerade noch abfangen. „Okay, konzentriere Dich“, flöße ich mir ein. Immer wieder drückt der Wind: von der Seite, von vorne und von hinten! Nach zahlreichen Überholmanövern und einem Schnitt von 41,7 km/h wähne ich mich ziemlich weit vorne im Feld. Wie weit, weiß ich nicht.

Der Weg zurück zur Wechselzone ist ein wenig „tricky“: über den Bürgersteig, über Kopfsteinpflaster, durch zwei Poller mit 20 cm Platz zu den Seiten, eine Rampe runter und über die Promenade. Wohl dem, der es überstanden hat! 😉 Ich springe vom Rad, schiebe es zu meinem Wechselplatz und gehe im Geiste schon die nächsten Handgriffe durch. Als ich mein Rad gerade abstelle, läuft mein Gegenüber gerade los! Ich weiß nicht, wer es ist. Aber ich weiß, dass er in meiner Altersklasse sein muss! (Anmerkung der Redaktion: Später stellt sich heraus, dass es Oliver ist, der bereits bei der EM in Holland Zweiter geworden ist!). Kurz bevor ich mir die Schuhe anziehe, merke ich mir noch die Farbe seines Trikots.



Schuhe an. „Gel? – Keine Zeit! Schirmmütze? – Keine Zeit! Sonnenbrille? – Keine Zeit! Einfach los!“ Etwa 50 m vor mir mache ich das einprogrammierte Trikot aus. „Mann, ist der schnell!“ Ich versuche druckvoll zu laufen, aber nicht zu überziehen. Nach einem Kilometer bin ich noch nicht ganz dran. Meine Uhr signalisiert mir 3:28 min für diesen ersten Kilometer. „Das kann doch nicht sein! Laufe ich denn wirklich so schnell? Und vor allem: Wer ist das, der auch fast so schnell läuft?“ Oliver ist mittlerweile auf eine Dreiergruppe aufgelaufen. Etwas später laufe ich auf diese Viergruppe auf und schaue mir das Ganze erst einmal von hinten an. Oliver scheint auch zu verweilen. Er ist übrigens 10 Sekunden schneller geschwommen als ich, während ich zwei Sekunden schneller Rad gefahren bin als er. Und jetzt gibt es den Show Down auf der Laufstrecke. Wir laufen eine Rampe runter zur Schlachte, der Weserpromenade. Ich überdenke kurz meine Renngestaltung und entscheid mich für einen Antritt von hinten vorbei an der Gruppe. Olli geht mit. Nach 300 m nehme ich wieder etwas raus. Dann, nach 2 km nochmal eine Tempoverschärfung. Doch ich spüre förmlich Ollis Gebiss in meinen Waden. Wendepunkt bei 2,5 km und zurück – mit Olli! Nochmal eine Tempoverschärfung. Die anderen können schon längst nicht mehr folgen – aber Olli. „Jetzt alles geben und absetzen? Oder locker und Zielsprint?“ Ich weiß es nicht! Rat ist gefragt. Doch dann vernehmen meine Ohren wie die Atmung meines Antreibers tiefer wird. Kurz bevor es die Rampe wieder hochgeht, entscheide ich mich für eine weitere Tempoverschärfung und halte das Tempo auch auf der Rampe hoch. „Ich höre nichts mehr! Doch, aber ein bisschen leiser.“ Fast 40 Meter Vorsprung hat mir dieses Manöver gebracht. „Jetzt nur nicht nachlassen!“ Ein Sportfreund feuert mich an und treibt mich weiter. Die letzten 500 m sind winklig. Ausgerechnet diese habe ich mir nicht vorher angeschaut, weil ich dachte, dass schon jemand vor mir sein wird. Ist aber jetzt nicht so! Ich schreie die Streckenposten an: „Wo lang?“ Nur noch 200 m. Olli kommt näher. Nur noch 100 m. Ich gebe nochmal ALLES. Am Ende trennen uns vier (!) Sekunden. Was für ein geiles Rennen, Olli! Vielen Dank! Auch der 8. Platz in der Gesamtwertung ist für mich so überraschend wie erfreulich! Aber die Freude wird noch größer: Mein Kumpel Klaus ergattert sich in unserer Altersklasse den dritten Platz! Und das Beste ist unsere Fahrgemeinschaft: Elke wird bei ihrem Meisterschaftsdebut hervorragende Siebte, während Bettina und Matthias ebenfalls Deutsche Meister werden! Drei Deutscher Meister in einem Auto – Hammer!

Ergebnisse: https://citytriathlonbremen2019.racepedia.de/ergebnisse/2426/TM50
Links: https://tri-mag.de/szene/ticker-vom-wochenende-12_August_148831