Dekorative Triathlon-Icons für die Disziplinen Schwimmen, Radfahren und Laufen

Udo van Stevendaal

Triathlet

Ein Icon für eine Medaille

10-facher Weltmeister und mehrfacher Deutscher- und Europameister

Verspätete Titelverteidigung – DM in Peine, 21. Juni 2015

Zwei Jahre nach meinem größten nationalen Erfolg, stand ich gestern wieder an der Wasserlinie einer Deutschen Meisterschaft. Eigentlich wollte ich mich bereits im letzten Jahr der Konkurrenz stellen, musste aber meinen Titel über die olympische Distanz verletzungsbedingt kampflos hergeben. Jetzt war ich konzentriert entschlossen, mir diesen zurückzuholen. Doch würde mir das gelingen? Schließlich bin ich in dieser Altersklasse (M45) zwei Jahre weißer 😉 geworden. Und Jüngere sind nachgerückt. Könnte ich mich dieser Konkurrenz erwehren? Aber ich war ja nicht allein, sondern habe Verstärkung aus meinem Verein mitgebracht: „Holger zum Quadrat“ 😉

Der Veranstalter in Peine ist erfahren im Ausrichten Deutscher Meisterschaften, schließlich war die DTU in der Vergangenheit hier mehrfach zu Gast. Der Wettkampf ist sehr gut organisiert, wobei die Atmosphäre trotz der Größe der Veranstaltung familiär ist. In diesem Jahr gibt es nur einen Wermutstropfen: Das neu eingeführte Chipsystem hat nicht funktioniert und somit keine Zwischenzeiten geliefert! Das kann mir natürlich nicht passieren, gibt ja nen Vorverkauf 😉 Und mit dem in diesem erstandenen Bordcomputer versuche ich mal, die Splitzeiten aufzudröseln; eine Art Reverse-Engineering.

Der Tag beginnt früh. Der Wecker klingelt bereits um 5:15 Uhr. Nein, eigentlich bringe ich den Wecker zum Klingeln. Anke soll nicht merken, dass ich die Nacht sowieso kaum geschlafen habe. Aber das ist ein gutes Zeichen: Die Anspannung ist da! Die zwei Autostunden vergehen wie im Fluge. Ich habe noch Zeit, mir ein paar Gedanken zu machen: „Werden die Beine mitmachen? Weiß ich nicht! Wer ist am Start? Kenn ich nicht! Wird Griechenland in der Währungsunion bleiben? Was soll das denn jetzt?“ Ich muss mich wieder fokussieren. Ich bin etwas nervöser als sonst: „Ob ich auch von Defekten verschont bleiben werde?“ Aber ich weiß, dass Robert ein gutes Händchen für mein Rad hat (http://www.fahrradhandlung-willert-2punkt0.de/index.php?id=2). Und dank meines Freundes Irek, der mich auch bei diesem Wetter in die eiskalte Stahlwanne des Freibades treibt, werde ich zumindest im See nicht untergehen. Irek, mich beschleicht der Verdacht, dass es zwischen der Wassertemperatur im Freibad und Deiner Klimatechnik-Firma (http://visio-klima.de/) einen Zusammenhang gibt 😉 Du willst scheinbar aus mir einen harten Triathleten machen. Es wird Dir nicht gelingen. Ich bleibe ein Weichei 😉 Mir gehen noch die Anweisungen meines Schwimmtrainers Lutz durch den Kopf: „Tschock, tschock, tschock . . .“ Ich habe meine Hausaufgaben gemacht. Es kann losgehen.

Das Wetter ist perfekt! Der Wettergott muss ein Triathlet sein. Heute ist es zwar stark bewölkt aber trocken bei optimalen 17 – 19 Grad. Die letzten Tage waren regnerisch und kalt. Auch das war perfekt – für mich! Somit ist der See doch jetzt mit ca. 19 Grad so kalt, dass wir mit Neo schwimmen dürfen, was meine miese Wasserlage kaschiert. Die Altersklassen sind in einzelne Startgruppen eingeteilt. Ich darf mich mit ca. 50 Mitstreitern messen. Na toll, unserer Startgruppe wurden zusätzlich die sechs Mädels aus der AK20 zugeteilt, was uns noch älter aussehen lässt 😉 Aber 60 Starter sind nicht zu viel. Das würde bei einer großen Schwimmrunde kein Hauen und Stechen geben. Und außerdem würde es auf ein faires Radfahren hinauslaufen. Okay, gleich geht es los. Ich lasse dem großen Holger, alias Holgi, den Vortritt. Vielleicht könnte ich ja an ihm dran bleiben. Wir reihen uns ganz links ein. Und zack, sind wir auch schon im Wasser. Irgend so ein Vollpfosten haut mir auf den ersten 50 m ständig auf die Unterschenkel. „Manno, das sag‘ ich meinem Schwimmtrainer.“ Der ist Wasserballer! Aber dann wird es ruhiger, ganz ruhig. „Ist noch jemand hier?“ Kurz orientiere ich mich, ob ich noch „on track“ bin. Ja, alles klar. Nur Holgi habe ich verloren. Dafür habe ich bei der ersten Richtungsänderung nach ca. 300 m meinen Rhythmus gefunden. Jetzt kann ich Druck machen. „Tschock, tschock, tschock . . .“ geht mir wieder durch den Kopf. Ah, ca. 50 m voraus ist eine Dreiergruppe. „Die kannst Du doch einholen und ein bisschen lutschen“. Der eine davon müsste Holgi sein. Tschock, tschock, tschock, und ich bin nach ca. 700 m dran, genieße Holgis Wasserschatten. Es MUSS Holgi sein, schwimmt der doch kreuz und quer im See 😉 Aber dafür schön gleichmäßig. Der Puls geht runter. Ich kann Kraft sparen. Das Führungsboot ist ganz schön weit weg. Wie weit? Und wie viele Plätze sind dazwischen? Nach 21:37 min entsteige ich als Sechster den Fluten. „Danke, Holgi!“ Ach ne, ist ja gar nicht Holgi. War ein anderer. Mmmh. Einen Platz mache ich schon in der Wechselzone gut. Liegen also noch vier Athleten vor mir. Aber wie weit?

Die Radstrecke ist wie für mich gemacht: zwei Runden ohne viel Schnörkel, Wind. Hart aber fair. Super! Auf den ersten 10 km zeigt mein Tacho einen 44,5er Schnitt. Bereits nach 5 km fliege ich an meinem Freund und heißesten Sieganwärter Klaus vorbei. Er ist eine Laufrakete. Daher muss ich weiter Druck machen. Nach weiteren 5 km liege ich an Position 3. Glaube ich. Stimmte die Info nach dem Schwimmen wirklich? Jetzt kommt die Gegenwindpassage, der Schnitt sinkt. Wo sind die anderen beiden? Wie ein Radar scannen meine Augen den Horizont ab. Niemand zu sehen. Erst nach 25 km nähert sich Position 2. Einer noch. Mann, muss der schnell sein: entweder schnell geschwommen oder auch eine Radrakete? Oder beides? Klaus sprach vor dem Start davon, dass ein sehr guter Schwimmer und Radfahrer am Start sei, der aber nicht laufen könne. Als ich ihn nach Kilometer 32 einhole, weiß ich, was er damit meinte. Diese Beine können unmöglich schnell laufen, oder? Obwohl, ich kenne da jemanden, der ebenso dicke Waden hat und verdammt schnell läuft 😉 Führe ich jetzt? War sonst noch jemand fähig, hier heute einen 42,7er Schnitt zu fahren? Am Anfang der zweiten Wechselzone erhalte ich von Anke die Bestätigung: „Ich habe noch keinen gesehen.“ Erleichterung! Aber wie immer, kommt jetzt der spannendste Teil. Der Moment, in dem man vom Rad springt und die ersten Schritte macht . . .

Fühlt sich gut an! „Heute ist dein Tag“, denke ich mir, als mich ein kleiner Blitz durchzuckt. Wem gehört denn das Rad zwei Stellplätze weiter? Ein Kampfrichter in der Nähe bestätigt mir, dass es falsch abgestellt wurde – puuh! Nun gilt es, vier Runden auf der Wendepunktstrecke per Pedes zurückzulegen. Und das ist gut so, kann ich doch meine Kontrahenten stets sehen. Wann kommen meine Verfolger? „45 Sekunden“, signalisiert Anke mir. Das ist nicht viel. Aber Klaus hatte Recht: Der kann nicht laufen und fällt zurück. Dafür schiebt sich Klaus nach vorne. Bei unserer ersten Begegnung – ich bin jetzt bei Km 2 – liegen knapp 1,5 Kilometer zwischen uns. Das müsste reichen, zumal ich heute gute Beine habe. Hat sich sonst noch jemand dazwischen geschummelt? Ich weiß es nicht, weil ich den Überblick verloren habe auf der mittlerweile mit Athleten aus anderen Startwellen prall gefüllten Laufstrecke. Also mache ich weiter Druck. Dann endlich das Ziel. Geschafft! Aber es erfolgt keine Ansage. Nichts. Ich habe keine Ahnung, was ist. Welcher Platz? Welche Zeit? Die angezeigte Zeit, ist irgendeine. Welche, weiß ich nicht. Dann, zwei Minuten später die Durchsage, dass gerade wohl der Deutsche Meister in der AK45 ins Ziel gekommen sei, mit „einer fantastischen Zeit“ von 1:56,58 h: ich! Ups, I did it again 😉 Freude, Erleichterung, Glückseligkeit. Ich konnte mehr als vier Minuten Vorsprung auf den Zweiten erschwimmen, erradeln und erlaufen. Mein Freund Klaus liefert ein klasse Rennen und wird Dritter: doppelte Freude! Ach ja, zur Vollständigkeit noch mein Laufsplit: 35:50 min. Meine Endzeit reicht sogar zum vierten Gesamtrang über alle Altersklassen!

Und die anderen beiden 3Maniacs? Holgi kämpft tapfer und „zielt“ in 2:41,11 h (Platz 42). Und der kleine Holger – Nein, er ist nicht klein. Er ist ein Konzentrat 😉 – erreicht bei seiner ersten „richtigen“ olympischen Distanz die Ziellinie in der AK40 nach 2:18,46 h (Platz 21), Chapeau! Zusammen belegen wir als Mannschaft in der AK40/45 sogar den vierten Platz nur knapp zwei Minuten hinter so großen Vereinen wie Hannover 96 oder TC Bremen! (https://www.facebook.com/3maniacs)

Eine weitere Medaille gibt es zu bejubeln, und zwar die Bronzemedaille meines Ligateamkollegen Matthias in der AK40. Ein weiterer Teamkollege aus unserer Regionalligamannschaft, Jens (AK55), absolviert die Distanz gar in 2:15,18 h (Platz 8)! Und ganz zum Schluss das Hochlicht der Veranstaltung: Meine Ligateamkollegin Bettina hat nicht nur ihre AK45 gewonnen, sondern war an diesem Wochenende sogar die schnellste aller Frauen in ganz Deutschland über die Olympische Distanz! Wahnsinn, Bettina! Du inspirierst mich! (http://www.tsv-tri-bargteheide.de/index.php/single_news/dtu-deutsche-meisterschaft-ak.html)

Ergebnisse: http://www.peiner-triathlon.de/Portals/2/Ergebnisse/Ergebnisliste_peine_2015.pdf