Dekorative Triathlon-Icons für die Disziplinen Schwimmen, Radfahren und Laufen

Udo van Stevendaal

Triathlet

Ein Icon für eine Medaille

10-facher Weltmeister und mehrfacher Deutscher- und Europameister

Nachschlag gefällig? - Deutsche Triathlon Meisterschaft in Hannover am 3. September 2022

Drei Wochen nach den Europameisterschaften über die Sprintdistanz fanden am Samstag die Deutschen Meisterschaften über die Olympische Distanz in Hannover statt. Natürlich war ich super motiviert, als Europameister auch bei der DM zu starten. Doch ein wenig Skepsis war aus zwei Gründen auch mit am Start: Erstens hatten wir direkt nach den European Championships in München zwei Wochen Urlaub gemacht. Und zweitens habe ich seit einem Jahr keinen Tempodauerlauf von mehr als 5 km gemacht. Würde es also für dieses Format reichen?

Die Bedingungen am Maschsee sind top: spätsommerliches Wetter mit Frühtemperaturen zwischen 15 und 20 °C, leichter Wind. Spannend ist die Neo-Frage, die alle Athleten umtreibt und die beim Check-In im luftleeren Raum schwebt, obwohl jeder weiß, dass sich das Kampfgericht erst eine Stunde vor dem Start festlegt. Ich hatte mich auf ein Neoverbot eingestellt, weil die Wassertemperatur in den Vortagen im Internet stets mit 24 °C angegeben wurde, was deutlich über der Grenze von 22 °C liegt. Ich weiß nicht, welches Thermometer sie bei der DTU benutzen, aber das Wasser hatte am morgen nach offizieller Messung nur 19,8 °C. Mir soll’s recht sein.

Zu schwimmen sind zwei Runden á 750 m mit einem kurzen Landgang, Australian Exit genannt. Zwar hätte man die gesamte Strecke aufgrund von Niedrigwasser im Maschsee laufen können, doch macht das nur bis knietief Sinn. Dennoch legen einige Athleten lieber einen Wandertag ein. Ich handle getreu dem Motto: Wo geschwommen werden kann, wird geschwommen, und laufe nur ca. 20 Meter in den schlammigen See – natürlich ganz außen. Bis zur ersten Boje nach 200 m komme ich gut in meinen Rhythmus, halte mich aus allem raus. Leider gelingt es mir auf dem Rückweg zum Strand nicht wirklich, Anschluss an eine große Gruppe vor mir zu finden. Beim Landgang sind es zwar nur ca. 10 m, aber ich komme einfach nicht ran. Trotzdem ist es extrem hilfreich, zumindest einen Athleten ca. 5 bis 10 m vor mir zu haben, um so nicht nachzulassen und den Abstand halten zu können. Von Wasserschatten aber keine Spur. Kurz vor dem finalen Ausstieg am Strand wird es plötzlich dunkel und ich denke noch: „Wer hat denn das Licht ausgemacht?“ Dann registriere ich, dass der Sand in Strandnähe so aufgewirbelt ist, dass das Licht keine Chance mehr hat ins Wasser einzudringen. Aber jetzt kann ich sowieso bald laufen.

Den langen Weg vom See zum Rad habe ich mir als Sprintzwischenziel ausgeguckt. Hier möchte ich Zeit gutmachen. Doch es fällt mir schwer, mit Neo zu sprinten. Am Radständer sehe ich auf der anderen Seite André, ein (ehemaliger) Topathlet aus der 2. Bundesliga. „Wow, ich bin so schnell geschwommen wie André? Oder er so langsam wie ich?“ Ich kann es noch nicht ganz einordnen. Meine Uhr suggeriert mir aber, dass es nicht so schlecht gewesen sein kann.

Also rauf aufs Rad und los. Die Radstrecke hatte ich mir vorher nicht in Natura angesehen, weil sie relativ „emotionslos“ ist: fünf Runden á 8 km mit einem 180 ° Wendepunkt und vier 90 ° Kurven. In der Wettkampfbesprechung war von drei „Speed Bumps“ die Rede. „Wird schon nicht so schlimm sein“, dachte ich mir, als der erste wie aus dem Nichts vor mir auftauchte und mir beinahe meine Extensions um die Ohren gehauen hätte. „Alter Schwede. Was war das denn?!“ Und schon folgte der zweite. „Alles klar. So wollt Ihr es. Ich werde keine Rücksicht auf Euch nehmen.“ Schnell mache ich einige Plätze gut, habe aber keine Ahnung, wo ich liege. Vor dem Wendepunkt am Ende der ersten Runde erkenne ich Matthias, meinen Kumpel und vermeintlich ärgsten Mitstreiter um den Titel. Er ist für mich der Gradmesser, weil er zu diesem Zeitpunkt (nach dem Schwimmen) mit Sicherheit das Rennen in unserer Altersklasse anführt. Nach der ersten Runde hat sich um mich herum mittlerweile eine sechsköpfige Gruppe gebildet, in der zunächst etwa alle gleich stark fahren. Ich überhole alle, setze mich an die Spitze und versuche mein Tempo zu fahren. Zack, überholt mich der erste und setzt sich vor mich. „Okay, kein Problem.“ Schon kommt der zweite und schiebt sich in die Lücke. Und der dritte und der vierte und der fünfte. „Alter, was geht denn hier ab?!“ Ich hasse solche Gruppendynamiken, weil sie enorm viel Kraft kosten. Einen Versuch starte ich noch, um mich abzusetzen, werde aber kurze Zeit von einem angemotzt. Was er zu sagen hatte, habe ich nicht verstanden. Er meinte wohl ich solle mich vom Acker machen. Ich beschließe, mich nicht auf diese Spielchen einzulassen und lasse mich ans Ende dieser Gruppe fallen. Bei einem 42er Schnitt kann das nicht so verkehrt sein. Auf den folgenden Kilometern beobachte ich, wie die Lücke zwischen „Deutschlandtrikot“ und dem Sprücheklopfer immer größer wird. „Na klasse“. Da ich noch Tiger im Tank habe, setze ich Deutschlandtrikot hinterher, vorbei an der gesamten Kette. Im Schlepptau nur noch ein Athlet, der folgen kann. Er wird der spätere Sieger sein. Zu dritt fegen wir über den Kurs, über die Speed Bumps und vorbei an die zahlreichen Athleten, die wir jetzt überrunden – und in der vierten Runde auch vorbei an meinem Kumpel, den bis dahin Führenden in meiner Altersklasse. „Wie geil ist das denn?!“ Ich weiß nicht mehr, wann ich das letzte Mal eher vom Rad gestiegen bin als er. In der fünften Runde lassen wir es etwas ruhiger angehen. Somit steigen wir schließlich zu viert vom Rad.

Ein schlechter Wechsel bringt mich gleich ins Hintertreffen. Doch mit dem späteren Sieger und dem anderen mitzulaufen, wäre ohnehin utopisch gewesen. Also konzentriere ich mich darauf, meinen Rhythmus zu finden. Schließlich kommt jetzt die Disziplin, von der ich im Vorfeld am meisten verunsichert war. Schnell kann ich zwei Athleten überholen und liege auf Platz 8 der Gesamtwertung. Vier Runden á 2,5 km sind zu laufen. Am ersten Wendepunkt kann ich sehen, ob etwas von hinten drückt. Jep, einer im roten Trikot sitzt mit im Nacken. Also weiter Druck machen. Die Kilometersplits sind ziemlich konstant und machen mich zuversichtlich. „Hoffentlich kein Einbruch!“ Aber dafür sorgen schon unsere Freunde vom TSV Bargteheide, die zahlreich an der Strecke stehen und uns mich anfeuern, obwohl von einem anderen Verein. Danke, Leute! Nach der zweiten Runde wird es langsam zäh, aber das Ende naht. Das Ziel vor Augen und das rote Trikot im Nacken halte ich mein Tempo durch, erreiche als Deutscher Meister der Altersklasse M50 und Achter der Gesamtwertung das Ziel. Hammer: Mein zehnter Deutscher Meister Titel!

Ergebnisse: https://hannover-tria.r.mikatiming.com/2022/?pid=list&pidp=start